Jedes Energiegewinner-Mitglied erzeugt inzwischen das Zehnfache des eigenen Stromverbrauchs, hieß es am 10. April im Unternehmens-Blog. Und zwar ökologisch aus Sonne und Wind. Davon bin ich noch weit entfernt: Rund 303 Kilowattstunden (kWh) weist die gemeinsame Ertragsgutschrift meiner beiden Solarmodule auf der Sporthalle Hannover-Badenstedt für 2016 aus. Bezogen auf den eigenen Jahresstromverbrauch reicht das wohl nicht mal für das erste Quartal.
Die jährliche Gutschrift kam wie üblich Ende März per E-Mail. Rund eine Woche später ging die Auszahlung von 67,91 Euro auf meinem Konto ein. Das ist etwas weniger als in den Vorjahren: Da waren es 78,33 Euro für rund 363 kWh in 2015 beziehungsweise 80,90 Euro für knapp 350 kWh in 2014. Ab Kaufdatum 31. August kamen für das auf die Wintersonnenwende zusteuernde Restjahr 2013 lediglich noch 12,51 Euro für knapp 72 kWh zusammen. Die Projektbeschreibung prognostiziert für ein Modul pro Jahr durchschnittlich 167 kWh – für zwei Module also 334 kWh. Im Schnitt der mir vorliegenden Daten 2013 bis 2016 sind es rund 156 kWh pro Modul und Jahr.
Alle genannten Geldbeträge sind Netto-Angaben, sie waren nach spätestens 16 Tagen überwiesen. Kapitalertragssteuer, Solidaritätszuschlag und – soweit zutreffend – Kirchensteuer wurden zuvor abgezogen. Diese Abgaben sind auf den Abrechnungen detailliert aufgeführt. Ebenso die Kilowattstunden-Produktion der einzelnen Monate, denen ich ein andermal einen separaten Artikel widmen will. Die feststehende Vergütung für die in 2012 errichtete Anlage beträgt 23,74 Cent pro Kilowattstunde.
Das Modell
Bei den Energiegewinnern aus Köln haben Mitglieder die Möglichkeit, neben Genossenschaftsanteilen einzelne Solarmodule in über 30 verschiedenen Anlagen deutschlandweit und im nahen Ausland zu erwerben. Diese muss der Käufer wiederum zwecks Betrieb an die Genossenschaft verpachten. Die steuerliche Handhabung hat sich die Genossenschaft Anfang 2012 bestätigen lassen. Die Finanzverwaltung antwortete auf ein Auskunftsersuchen, das Modell sei wie ein Darlehen mit Tilgung und Zins zu behandeln; es handele sich nicht um eine umsatzsteuerpflichtige Leistung. So weit, so gut.
Die richtige Aufteilung
Im Schnitt habe ich pro Jahr bisher also 71,88 Euro erhaltenen. Ginge das so weiter, hätte sich der Kaufpreis der beiden Module von 1.040,34 Euro nach knapp 14,5 Jahren Anfang 2028 amortisiert. Angenommen, die Anlage produziert noch 10,5 Jahre auf gleichem Niveau weiter, hätte ich Mitte 2039 ein Plus von rund 755 Euro gemacht. Das entspricht einem jährlichen Zins von 2,9 Prozent. Läuft die Anlage länger als 25 Jahre, wird es mehr. Bei 35 Jahren komme ich auf rund 4 Prozent. Allerdings verlieren die Module über die Jahre auch an Leistung, was den Ertrag in der Praxis etwas schmälern dürfte. Auf der anderen Seite sind die erfassten Herbst- und Wintermonate 2013 auch nicht sonderlich repräsentativ für das Gesamtjahr.
Zum Vergleich: Über die Crowdfunding-Plattform leihdeinerumweltgeld.de waren für die gleiche Anlage Nachrangdarlehen mit Laufzeiten von sechs und elf Jahren sowie 4,75 beziehungsweise 5,25 Prozent zu haben. Von der 2012 für 130.000 Euro installierten Anlage mit 360 Modulen des Typs ECS -195D von Wuxi Saijing Solar entfallen immerhin 40.000 Euro auf die Crowdfunder. Auch wenn die bei wahrscheinlich höherem Risiko in kürzerer Zeit mehr verdienen: Ein Mitspracherecht in der Genossenschaft haben sie nicht.
Nebeneffekt Mitglieder-Werbung
Und sie müssen auch damit leben, wenn die Ökostrom-Produktion zumindest in der Außendarstellung rechnerisch unter den Genossen aufteilt wird: „Jedes Mitglied erzeugt inzwischen das Zehnfache des eigenen Stromverbrauchs“, hieß es im Unternehmens-Blog. Ich frage mich, ob man nicht fairerweise das Verhältnis der Euros aus den Taschen von Mitgliedern und Crowdfundern an der Stromproduktion der Genossenschaft aufschlüsseln müsste. Oder einfach hinzufügen: „…dafür haben andere ihnen Geld geliehen.“ Energiegewinner-Vorstand Ramon Kempt sieht das nicht so: „Zum großen Teil sind die Crowdfunder selbst Mitglieder geworden.“ Für die Genossenschaft ein positiver Nebeneffekt.
Die Solaranlage auf dem Dach der Sporthalle Hannover-Badenstedt. Bild: Energiegewinner eG
Änderung: Jetzt hab‘ ich ein richtiges Foto – Symbolfoto gegen Bild der Original-Anlage ausgetauscht.