Ratschläge für das Geschäftsleben gibt mir mein Vater immer wieder mal mit auf den Weg. „Zuerst schreibt man immer die Rechnungen“, ist einer. Oder „Kaufe nichts an der Haustüre.“ Nicht dass ich mich immer daran halten würde. Doch Ende letzten Jahres schloss der mit allen Wassern gewaschene Bilanzbuchhalter an besagter Türschwelle einen Innogy-Eifelstromvertrag ab. Weltbild zerstört, Klimabewusstsein entsetzt: In diesem Moment setzte bei mir der Haarausfall ein. Das war Anlass zur Veränderung.
„Papa, das geht nicht.“ Überraschend leicht ließ sich mein alter Herr überzeugen, von seinem 14-tägigen Rücktrittsrecht gebrauch zu machen. Und zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu wechseln. Zwischen den Jahren warfen wir unsere Beitrittserklärungen in den Briefkasten der Energiegenossenschaft VorEifel ein, die ich schon länger im Visier hatte. Dabei hatte es Vater bisher nicht einmal in Betracht gezogen, einer Energiegenossenschaft beizutreten. Geschweige denn, den Stromanbieter zu wechseln.
WDR verursacht Wartezeit
Die Rechnungen über den gezeichneten Geschäftsanteil sowie 30 Euro Bearbeitunggebühr erreichten uns am 1. Februar. „Bitte entschuldigen Sie die späte Bearbeitung“, erklären sich die EGVE-Vorstände Peter Hansen und Robert Hufschlag darin. „Aber durch den WDR waren wir sehr gefragt.“ Entschuldigung angenommen. Nun warten wir auf die Aufnahmebestätigung.
Genau zwei Monate zuvor war Hansen im Studio von „daheim + unterwegs“ zu Gast. Die Sendung ist noch bis zum Anfang Dezember 2018 in der WDR-Mediathek abrufbar, ein vorangegangener Bericht noch bis Ende des Jahres. Zwar beleuchteten die Fernsehteams die Weilerswister Genossenschaft unter dem Schlagwort „Gasrebellen“, doch als bundesweiter Ökostromanbieter ist die EGVE ebenfalls aktiv. Da wird es für mich interessant. Beziehungsweise auch für meinen Dad, der seit rund einem Jahr auch wieder mein Vermieter ist.
Zeiten ändern sich
Vor vielleicht zehn Jahren wäre so ein Stromanbieterwechsel nicht denkbar gewesen. „Wenn es im ganzen Ort einen Ausfall gibt, schicken sie die Reparaturmannschaft als letztes zu uns“, war eines seiner Gegenargumente, um deren Ernsthaftigkeit man nie genau weiß. „Außerdem guckt die Öffentlichkeit den börsennotierten Großen stärker auf die Finger.“
Tatsächlich ist für technische Probleme jenseits des Zählers nicht der Stromanbieter, sondern der Netzbetreiber verantwortlich. In unserem Fall nun mal die Tochter einer Tochter eines Essener Energieversorgungskonzerns. Sich deshalb über ein tagelanges Ausharren bei Kerzenschein zu sorgen, scheint mir dennoch unangebracht, da wir nicht gerade in einem abgelegenen Hof mit kilometerlanger Überlandleitung wohnen.
Außerdem verfügt Papa über einen kaufmännischen Hintergrund. Und ist inzwischen Rentner. Damit könnte sich der Hobbygärtner im äußersten Notfall auch mal etwas Zeit freischaufeln, um den Energiegenossen auf die Finger zu schauen. Die Öffentlichkeit sind jetzt wir. Zumal man sich unter alteingesessenen Weilerswistern um höchstens eine Ecke kennt. („Hatte der nicht mal die Druckerei in der Kölner Straße?“ „Keine Ahnung. Damals hat mich wahrscheinlich mehr interessiert, ob der Spielwarenhändler 100 Meter weiter schon diesen brandneuen Gameboy hat.“) Zeiten ändern sich eben.
Wirtschaftliche Vorteile
Um den Ökostrom der EGVE zu beziehen, muss man kein Genossenschaftsmitglied werden. Das tut man auch nicht „um hohe Gewinne zu erzielen, sondern um wirtschaftliche Vorteile daraus zu ziehen“, heißt es auf der Website. Für ein kommendes Interview wäre das ebenso ein Thema wie Bezugsquellen und Investitionen in Neuanlagen.